Milk Machine

Jahr: 2023–2024
Zeichnungen: Pastellkreide, Aquarellfarbe
Fotografie: Selbstauslöser, Photoshop

Der Bundesrat möchte die bisher lebenslange Witwenrente auf zwei Jahre kürzen. Ergänzungsleistungen werden ­gekürzt. Steuervorteile bei der privaten Vorsorge werden eingeschränkt. Frauen verdienen bis zu 1500 Franken weniger als Männer für die gleiche Arbeit bei gleichem Ausbildungsniveau. Heiratsstrafe bei der AHV.

Kinder sind Armutsrisiko Nummer 1 in der Schweiz. Unterstützung gibt es wenig. Krippen sind teuer. Einmal aus dem Arbeitsprozess ist es schwierig, wieder den Anschluss zu finden. Teilzeitarbeit zu finden ist nicht einfach. Als Mutter schwingt das «Fällst du jedes Mal aus, wenn das Kind krank ist?» mit bei der Jobsuche. Manchmal habe ich Angst vor der AHV-Zeit und Armut. Vor Kontrollverlust, Sozialamt und Machtmissbrauch.

Trotz wenig staatlichem Anreiz habe ich offenbar meinen wichtigsten Beitrag in der Gesellschaft verfehlt – Mutter zu werden. Mich bewusst entschieden keine Milchkuh zu sein. Keine geringere Rente dafür bekommen, dass ich jahrelang mit den Kindern, wenn auch nur Teilzeit, zu Hause bleibe. Ich mich nicht in eine Situation bringen will, aus der ich nicht mehr herauskomme. Bin ich weniger eine Frau, weil ich kinderlos bin? Muss ich mich für meine Situation verteidigen? Muss ich mir anhören «Willst du so leben oder bist du unfruchtbar?» «Mindestens einmal» musst du schon ein Kind zur Welt gebracht bringen. Riskiere ich mein ganzes Leben lang Armut, oder im hohen Alter Einsamkeit? Was geschieht bei einer Trennung? Wer definiert uns und unseren Wert? Wer ist ein wertvolles Mitglied der Gesellschaft? Die Rollen der Frauen haben sich verändert und nicht verändert. Sie sollen Mütter werden und trotzdem im Geschäftsleben erfolgreich sein. Aber auch ihre Kinder nicht im Stich lassen. Wie können all diese Anforderungen erfüllt werden? Ist es Zeit für eine Revolution?

© Nicole Widmer Meyer «Milk Machine», Mixed Media, 2023–2024

Switzerland’s Federal Council wants to reduce the lifetime widow’s pension down to two years. Supplementary benefits will be reduced. Tax advantages for private provision are restricted. Women earn up to 1500 francs less than men for the same job with the same level of training. Penalties for married people in the pension.

Children are the number 1 poverty risk in Switzerland. There is little support.Daycare is expensive. Once you’re out of the work process, it’s difficult to get back. Finding part-time work is not easy. As a mother, the question “Are you absent every time your child is sick?” goes along with the job search. Sometimes I’m afraid of the old-age pension and poverty. From loss of control, social welfare and abuse of power.

Despite little government incentive, I apparently missed my most important contribution to society – becoming a mother. I chose not to be a dairy cow. Not getting a lower pension for staying at home with the children for years, even if only part-time. Not putting myself in a situation that I can’t get out of. Am I less of a woman because I have no children? Do I have to defend my choice? Hearing charming notes like «Do you want to live like this or are you barren?» «You have to give birth to a child ‹at least once›.» Do I risk poverty all my life or loneliness in old age? What happens when a separation is inevitable? Who defines us and our value? Who is a valuable member of society? Women’s roles have changed and at the same time not changed. They should become mothers and still be successful in business. But don’t let your children down either. How can all these requirements be met? Is it time for a revolution?

© Nicole Widmer Meyer «Milk Machine», Mixed Media, 2023–2024